Franziska, Naturerleben und naturnahes Gärtnern ziehen sich wie ein roter bzw. grüner Faden durch dein Leben. Was hat dich motiviert dich mit „grüneskleid“ selbständig zu machen und diese Themen auch anderen Menschen nahe zu bringen und wie bist du im Rahmen deiner Arbeit zur BNE gekommen?
Tatsächlich gärtnere ich schon sehr lange im eigenen Garten - knapp 16 Jahre. Ich bin selbst auf dem Land mit Hof und Garten groß geworden, habe auf Höfen und in Gärtnereien gearbeitet, oft Freunde und Bekannte hinsichtlich naturnaher Gartenbepflanzung beraten, selbst ausprobiert und über meine Kinder auch mit vielen anderen Kindern gegärtnert. Das heißt Interesse und Begeisterung waren schon da, als ich mich 2017 selbstständig gemacht habe. Seitdem biete ich Natur- und Gartenangebote freiberuflich an - für einige Zeit ausschließlich an der Montessori Oberschule Potsdam, später auch an anderen Schulen in Potsdam und Brandenburg. An der Selbstständigkeit schätze ich die Freiheit bei der Gestaltung und Umsetzung meiner Angebote, frei von Rahmenlehrplänen und fremden Zielvorgaben. Dazu bin ich zeitlich flexibel und kann Umfang und Format selbst bestimmen. In der Gartenwerkstatt bauen die Schüler*innen ihr eigenes Obst und Gemüse an. Dazu lernen sie (Wild-)Kräuter kennen, säen wertvolle Blumen für Insekten & Co. und beschäftigen sich mit der Herkunft und den Anbaubedingungen ihrer täglichen Lebensmittel. Das schafft Wahrnehmung, Bewusstsein und Wertschätzung für ihre eigenen Nahrungsmittel. Immer wieder gibt es Raum für Naturerfahrungen und -verbindung. Das alles ist BNE und weist Bezüge zu den 17 Nachhaltigkeits-zielen auf. Daher kam auch der Wunsch, dieses Gartenangebot zertifizieren zu lassen.
Was ist für die Arbeit mit der (Schul-)Kindern deiner Meinung nach besonders wichtig?
Zuallererst möchte ich für Kleine (und Große) schöne Natur- und Sinneserlebnisse schaffen, ihnen die Möglichkeit geben, in Verbindung zu gehen. Ich denke, schöne, tiefe, einprägsame Begegnungen mit (Garten-)Tier, (Wild- oder Gemüse-)Pflanze, Natur allgemein führen bestenfalls dazu, dass Kinder eigenes Interesse entwickeln, mehr entdecken, erfahren und/oder selbst erkunden wollen. Erst wenn ich einen Bezug zu einer Pflanze, z.B. einem Baum, einem Tier, einer Wiese oder ähnlichem habe, möchte ich es bewahren. Dazu muss man dann natürlich wissen, was es dafür braucht. Ich vermittle dieses Wissen bzw. die Informationen, Umwelt- und Naturzusammenhänge anschaulich, praxisorientiert und spielerisch. In einem lebendigen Naturgarten lässt sich das wunderbar umsetzen. Haben die Kinder einen realen Bezug zu den Lerninhalten, können sie diese viel besser aufnehmen. Ich nutze vielfältige Unterrichtsmethoden angepasst ans „Draußenlernen“ sowie Elemente aus der Naturpädagogik. Es gibt eine Fülle und Vielfalt an Gartenarbeiten im Jahreslauf. Die Aufgaben sind sehr abwechslungsreich - da ist für jedes Alter, jedes Gemüt und je nach Interesse, Einsatz und Stimmung etwas Passendes dabei. Die Schüler*innen kommen gemeinsam ins Tun, probieren aus und erleben sich als selbstwirksam. Das motiviert und weckt Begeisterung.
2023 ist „grüneskleid“ dem BNE-Zertifikat ausgezeichnet worden. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse gab es im Prozess und was erhoffst du dir von der Zertifizierung?
In den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit habe ich allein konzipiert, geplant, gewerkelt und umgesetzt. Da gab es zwar vereinzelt Rückmeldungen und Absprachen mit den Lehrer*innen, dennoch war ich in meiner Reflexion oft allein und auch Austausch und Beratung fehlten mir. Mittlerweile sind wir bei „grüneskleid“ zu zweit und ich bin froh und dankbar, mich mit Anni Trieloff, einer erfahrenen (Schul-)Gärtnerin, austauschen zu können. Beim Ausfüllen des BNE-Zertifizierungsantrags habe ich mein Angebot selbst noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Das war eine wichtige Zeit der Reflexion, des Formulierens und auch des Nachjustierens: Kommt das, was ich vermitteln möchte, auch an? Was klappt gut? Was nicht und warum? Nach dem Einreichen aller Unterlagen hat mich die Servicestelle auf dem „Lottenhof“ besucht und ich konnte mein Gartenangebot direkt vorstellen. Ich empfand das damalige Treffen als sehr zugewandt, konstruktiv und unterstützend und es wurden direkt Finanzierungsmöglichkeiten und Verknüpfungen zu anderen Akteur*innen aufgezeigt. Nun freue ich mich natürlich über die Zertifizierung und empfinde sie auch als Wertschätzung und Anerkennung meiner Arbeit. Ich erhoffe mir von der Zertifizierung Vernetzung und Austausch mit anderen Akteur*innen, ein „Sichtbarmachen“ meines Angebotes, eine größere Öffentlichkeit und Reichweite.
Wie wird es in Zukunft weitergehen? Habt ihr weitere Pläne?
Ja, da gibt es für dieses Jahr 2024 viele Ideen und Projekte. Im Stadtteilgarten „Lottenhof“ wurden von vielen fleißigen Gärtner*innen im Herbst 2023 Sträucher und Bäume im Waldgarten gepflanzt. Mit der dort wirkenden Gartengruppe sind wir in engem Austausch. Die Schüler*innen der dritten Klassen der Gerhart-Hauptmann-Grundschule werden u.a. Pflegearbeiten wie regelmäßiges Gießen oder das Kurzhalten von Unkrautaufwuchs übernehmen. Neben den Hochbeeten bepflanzen wir nun auch einige große Betonkübel. Da wird ’s blumig-bunt und hoffentlich reich an Gemüse. Dass das möglich ist, verdanken wir der Wilhelm-von-Türk-Stiftung, die in diesem Schuljahr unser Projekt finanziert. Zudem wird es mit den jetzigen vierten Klassen zwei Fortsetzungstermine geben. Da gehen wir also in die Verlängerung und ich freue mich, dass das klappt. Seit 2022 gärtnern wir auch mit Schüler*innen der Weidenhof-Grundschule im Schlaatzer Integrationsgarten. Gemeinsam mit den Kindern dort werden wir in diesem Frühjahr 100 Balkonkästen befüllen und mit einheimischen, regionalen, für Bienen und andere Insekten wertvollen, Wildblumen und Kräutern bepflanzen. Damit haben wir mit Kindern der zweiten und dritten Klassen im letzten Jahr schon begonnen und werden bis zum Mai damit fertig sein. Jede interessierte Familie kann sich dann einen farbenfrohen und insektenfreundlich bepflanzten Balkonkasten bei uns holen. Das freut uns sehr. An Winter- und Regentagen schnorcheln wir im Internet nach Finanzierungsmöglichkeiten für all unsere Gartenbauprojekte und recherchieren, zeichnen und basteln an einem neuen, unserem, Gemüsebuch....
Hast du Tipps für Akteur*innen, die sich mit ihren Angeboten selbstständig machen möchten?
Unbedingt anfangen, machen, machen, machen … auch mit einem kleinen Programm! Austausch und Beratung finde ich immer sehr sinnvoll und bereichernd. Und: Einen Goldesel im Keller (oder eine halbe Stelle) für finanzielle Durststrecken....
Vielen Dank für das Interview!
Kontakt: infogrüneskleidcom
Website: https://www.grueneskleid.com/
Fotos: Franziska Hoehl