Spotlight BNE-Zertifizierung: Villa Fohrde

Mit der BNE-Zertifizierung wollen wir in Brandenburg gemeinsam einen Weg hin zur mehr Qualität in der Bildung für nachhaltige Entwicklung gehen. Im Herbst 2020 wurde die Villa Fohrde als erster BNE-Akteur für die „Klima.Runde“ mit dem Brandenburger BNE-Zertifikat ausgezeichnet. Die Villa Fohrde ist ein nachhaltiges Bildungshaus nahe Brandenburg an der Havel mit einem umfänglichen BNE-Angebot im Rahmen ihrer eigenen Bildungsarbeit. Wir haben mit Sebastian Wehrsig von der Villa Fohrde über die Auszeichnung und ihren BNE-Weg gesprochen.

 

Foto vom Haus
Foto von Methode
Foto von Veranstaltung auf Wiese

Sebastian, ihr habt euch schon früh auf den Weg gemacht, Nachhaltigkeit auf allen Ebenen eurer Arbeit umzusetzen. Wie kam es dazu und was waren eure Schritte?

Nachhaltigkeit können wir nur glaubhaft vermitteln, wenn wir sie auch selbst leben. Diese Überzeugung hatten wir schon länger. Mit ihrer Lage an der Havel, zwei Häusern in Lehmbauweise und Seminaren zu Gesundheit gab es bereits ein gutes Fundament. Die ersten Schritte waren dann kleinere Aktionen wie das Ausmisten des Kapselkaffeeautomaten und der Kauf von fair gehandeltem Kaffee. Einen großen Schritt haben wir mit einem Modellprojekt zum Nachhaltigen Bildungshaus 2017 – 2018 gemacht, hier wurden auch die BNE-Qualitätskriterien erprobt. Dabei haben wir identifiziert, wo wir einen echten Unterschied machen können: Mit Biogas und Strom aus Erneuerbaren, deutlich mehr Bio-Essen und dem Ziel, Nachhaltigkeit auf allen Ebenen mitzudenken. Inzwischen haben wir die Küche vollständig auf eine gute vegetarische und vegane Verpflegung umgestellt. Auch digital achten wir auf Nachhaltigkeit. Parallel zum Hausmanagement haben wir unsere BNE-Angebote ausgebaut. Dazu zählen Familienseminare zu Lehm und einem guten Leben für Alle, PopUp-Module zu Mobilität und Wasser oder internationale Austausche mit Partner*innen aus dem Kaukasus, Polen und Moldau.  

2020 seid ihr mit dem BNE-Zertifikat ausgezeichnet worden. Was hat euch dazu bewogen, in diesen Prozess zu gehen und welche Erfahrungen und Erkenntnisse gab es?

Für uns waren hier drei Gedanken wichtig: Erstens fanden wir es gut, dass es eine Zertifizierung in Brandenburg gibt und wollten als nachhaltiger Bildungshaus gerne dabei sein. Zweitens gab es uns die Chance, die Entwicklung in den letzten Jahren mit Außenstehenden zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Und drittens ist das Zertifikat ein nach außen sichtbares Qualitätsmerkmal für unsere Bildungsarbeit und die Villa Fohrde als nachhaltigem Ort.
Die Zertifizierung lief reibungslos und es gab eine gute Zusammenarbeit mit der BNE-Servicestelle. Das lag auch daran, dass wir mit der Klima.Runde ein passendes Bildungsprojekt hatten und die Villa bereits Nachhaltigkeitsprinzipien umsetzte. Gleichzeitig haben wir gemerkt, dass es in einigen Bereichen wie der Perspektivenvielfalt und den erreichten Personen in unserem Angebot noch Luft nach oben gibt.

Was macht euch als BNE-Anbieter aus – was sind eure Besonderheiten?

Zunächst ist es uns wichtig, dass Nachhaltigkeit mehr ist als Umweltschutz. Es geht darum, so zu handeln, dass wir Menschen, künftige Generationen und andere Lebewesen gut leben können. Dazu gehören neben weniger Ressourcenverbrauch (ökologisch) auch faire Produkte (sozial), eine Vielfalt im Team (kulturell) und ein nachhaltiger Betrieb (ökonomisch).
Mit unseren BNE-Angeboten wollen wir verschiedene Menschen erreichen und zu nachhaltigem Handeln ermuntern. Neben Seminaren und Trainings probieren wir mit Pop-Up-Bildungsmodulen auch Neues aus. Ein Beispiel hierfür ist unser Solar-Espressokocher und unsere Wasserbank.
Darüber hinaus leben und vermitteln wir Nachhaltigkeit im Sinne des Whole Institution Approaches. Ein aktuelles Beispiel dafür sind einige thematisch gestaltete Zimmer zu nachhaltiger Mobilität, Wasser und Lichtverschmutzung.

Was plant ihr zukünftig, um euch als nachhaltiges Bildungshaus weiterzuentwickeln?

Jüngst haben wir unsere Checkliste mit Nachhaltigkeitsstandards für unsere eigenen Seminare weiterentwickelt. Dazu gehört, dass Teilnehmende ins Tun kommen können (Gestaltungskompetenz) und die Frage, inwieweit das Seminar zu einer sozial-ökologischen Transformation beiträgt.
Wir arbeiten auch daran, den Park klimaresilienter und vielfältiger zu gestalten; beispielsweise mit einem neuen Draußen-Lernort. Außerdem hoffen wir, in den nächsten Jahren größere Maßnahmen in Hitzeschutz und klimafreundlicher Energienutzung und -gewinnung umsetzen zu können.
Bei all dem ist uns klar, dass wir vieles noch besser machen können. Daher teilen wir unsere Erfahrungen in Sachen BNE und Nachhaltigkeitsmanagement mit Akteur*innen in Brandenburg und auch aus anderen Ländern und lernen gleichzeitig von ihnen.

Welchen Tipp habt ihr für Akteur*innen, die gerade erst am Anfang stehen?

1) Konkret: Fangt mit etwas Konkretem und Überschaubaren an, das Erfolg verspricht (z.B. fairer Kaffee, BNE-Prinzipien für einige Seminare) - es muss nicht gleich der ganz große Wurf sein. Das motiviert dann für umfangreichere Schritte.
2) Etablieren: Macht Nachhaltigkeit zum Thema im Team, das ihr regelmäßig (z.B. alle zwei Monate) besprecht. Ein bis zwei Personen können den Hut dafür aufhaben. Das hilft dabei, dranzubleiben und sich darauf zu konzentrieren, wo ihr einen Unterschied machen könnt.
3) Zusammen: Sucht euch andere Akteur*innen, mit denen ihr lernen und Nachhaltigkeit vorantreiben könnt. Das kann die BNE-Servicestelle, eine ähnliche Organisation oder ein*e Projektpartner*in ganz woanders sein.
4) Durchhalten: Nicht alles klappt auf Anhieb und gegen manche Ideen gibt es Widerstand. Wenn dem so ist, versucht es nochmal auf anderem Wege. Wenn es dann klappt, ist es umso besser – für euch, eure Teilnehmenden und die Welt.
Vielen Dank für das Interview!

Kontakt: infovilla-fohrdede / sebastian.wehrsigvilla-fohrdede
https://www.villa-fohrde.de / Villa Fohrde auf Instagram.

Bilder: Villa Fohrde