Spotlight BNE-Zertifizierung: Wildnisschule Hoher Fläming

Mit der BNE-Zertifizierung wollen wir in Brandenburg gemeinsam einen Weg hin zur mehr Qualität in der Bildung für nachhaltige Entwicklung gehen. Im Herbst 2024 wurde die Wildnisschule Hoher Fläming mit dem Brandenburger BNE-Zertifikat für ihre „Weiterbildung Wildnispädagogik“ ausgezeichnet. Mit Camps für Kinder und Jugendliche, Fortbildungen für Erwachsene, Teamevents, Tierwanderungen, regionaler Wildnisgruppe und vielen anderen Formaten, unterstützt die Wildnisschule die Teilnehmer*innen dabei, sich selbst als Teil von Natur und Gemeinschaft zu verorten. Dabei lädt sie die Teilnehmenden ihrer Angebote ein, sich intensiv mit dem minimalistischen Leben in der Wildnis, aber auch mit gesellschaftlichen Themen wie kultureller Aneignung, Geschlechterzugehörigkeit, Rassismus und Inklusion auseinanderzusetzen. Wir haben mit Paul Wernicke und Sven „Huge“ Bähr über die Auszeichnung und ihren BNE-Weg gesprochen

Wann habt ihr begonnen die Themen Nachhaltigkeit und BNE stärker in eure wildnispädagogische Arbeit einzubeziehen und wie hat sich das entwickelt?

Seit 2014 bespielen wir einen eigenen Platz in der Wildnis des Hohen Fläming. Hier beschäftigen wir uns mit konkreten Naturschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel mit dem Pflanzen von Bäumen und der Errichtung von Biodiversitätsinseln. Das sind speziell gestaltete Lebensräume innerhalb einer stark genutzten Landschaft, die die Artenvielfalt fördern, indem sie Rückzugsorte und Nahrungsquellen für verschiedene Pflanzen- und Tierarten bieten. Dieser Blick auf unsere natürliche Umwelt und das damit erlangte Wissen fließen immer mehr in unsere Arbeit und somit in die Weiterbildungskurse ein. Momentan beschäftigen uns die Verbesserung der Wirksamkeit im Naturschutz, die Inklusion von Menschen aus allen Lebensbereichen und die Schaffung von diskriminierungssensiblen Räumen in all unseren Angeboten.

Was macht die Wildnispädagogik aus - was kann sie, was andere Konzepte nicht können?

Das Besondere an der Wildnispädagogik ist, dass wir nach Brücken suchen und Brücken bauen zwischen dem indigenen Wissen der nordamerikanischen Ureinwohner, den Erfahrungen der afrikanischen San Kultur und den modernen Wissenschaften mit ihren Methoden, Studien, Erkenntnissen. Die Vision, die uns trägt, ist, dass Naturverbundenheit Voraussetzung für Naturschutz ist: Was wir nicht kennen, können wir nicht lieben, was wir nicht lieben, können wir nicht schützen und bewahren. Der Wert der Verbundenheit zur Natur wird in unseren Augen zu wenig anerkannt und besprochen. Methoden, die wir dafür nutzen, sind das Spurenlesen, die Sprache der Vögel, Wahrnehmungsschulung, Austausch und Reflexion in Gruppen, Redevereinbarungen wie Kommunikation auf Augenhöhe und co-kreative und kooperative Zusammenarbeit. Unserer Erfahrung nach sind es sehr individuelle, subjektive und dadurch oft nachhaltige Erfahrungen, welche Menschen bei uns machen. Das Lernen ist hier sehr erfahrungsbasiert. Um mit Konfuzius zu sprechen: „Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können“.

Was ist das Besondere an eurer Wildnisschule?

Die Wildnisschule Hoher Fläming ist schon sehr lange dabei. Wir haben die Bindung zu einem Platz. Wir leben und arbeiten am Wirkungsort. Wir pflegen das Land, d.h. wir ergreifen aktiv Maßnahmen, um den Platz auf dem wir leben und arbeiten ökologisch wertvoll zu erhalten. Das umfasst z. B. das Anlegen und Pflegen heimischer Pflanzen, das Schaffen von Lebensräumen für Tiere oder die schonende Nutzung der Fläche, um die Artenvielfalt langfristig zu sichern. Wir arbeiten außerdem mit einem großen Fokus auf geschlechtergerechte und diskriminierungssensible Räume und an dem Thema kulturelle Aneignung. Unsere klare politische Positionierung unterscheidet uns ebenso von vielen anderen Naturseminarorten.

Wie bringt ihr aktuelle, gesellschaftliche Themen in eure Arbeit ein?

Vor allem durch das Eröffnen von Gesprächsräumen in und außerhalb der Wildniscommunity. Auch durch Öffentlichkeitsarbeit wie Podcasts, Radio, einem Youtube-Kanal, Vorträge und Lesungen.

Was nehmen die Teilnehmenden aus der Wildnispädagogik Weiterbildung mit, was sie konkret in ihrem Alltag umsetzen können?

Teilnehmende nehmen mit, andere Menschen begleiten und inspirieren zu können, mehr Menschen in die Verbundenheit mit der Natur zu bringen und sie zu unterstützen, einen für sich wirksamen Zugang zur Flora und Fauna zu schaffen.

2024 seid ihr mit dem BNE-Zertifikat ausgezeichnet worden. Was hat euch dazu bewogen, in diesen Prozess zu gehen und welche Erfahrungen und Erkenntnisse gab es?

Unsere Absicht war es unter anderem, als außerschulische Bildungsstätte ein Qualitätssiegel für unser pädagogisches Konzept zu bekommen. Wir haben uns außerdem ein Korrektiv von außen gewünscht und möchten mit anderen Akteur*innen netzwerken. Unsere größte Herausforderung im Prozess war es sicherlich, unseren pädagogischen Ansatz, der auf erfahrungsbasiertes Lernen mit allen Sinnen setzt, in eine schriftliche Form, die den Anforderungen für das BNE Zertifikat entspricht, zu übersetzen. Das hat uns nochmal intensiv mit dem was wir tun und unseren Absichten auseinandersetzen lassen.

Was plant ihr zukünftig, um euch im Bereich eurer BNE-Arbeit weiterzuentwickeln?

Wir haben einen Wirkungskreis gebildet, der aus allen Mentor*innen der Wildnisschule Hoher Fläming besteht. Darin sind alle Menschen vertreten, die hier Seminare und Weiterbildungen anbieten und die durch ihren Einfluss eine konkrete Wirkung auf Menschen, Gemeinschaften oder die Gesellschaft im Sinne der nachhaltigen Entwicklung haben. Die Ziele der BNE möchten wir stärker in den Wirkungskreis einbringen.

Habt ihr Tipps für Akteur*innen, die noch ganz am Anfang stehen?

Setzt euch mit eurem Team und euren Kooperationspartner*innen zusammen hin. Werdet euch darüber klar, was euer Ziel ist und welche Methoden dafür nutzt.
Vielen Dank für das Interview!

Kontakt: infowildnisschule-hoherflaemingde
Website: https://wildnisschule-hoherflaeming.de/

Fotos:  Wildnisschule Hoher Fläming