Spotlight BNE-Zertifizierung: Wildnisschule Weg der Wildnis

Mit der BNE-Zertifizierung wollen wir in Brandenburg gemeinsam einen Weg hin zur mehr Qualität in der Bildung für nachhaltige Entwicklung gehen. Im Herbst 2022 wurde die Wildnisschule „Weg der Wildnis“ mit ihrer „Jahresausbildung Wildnispädagogik“ mit dem Brandenburger BNE-Zertifikat ausgezeichnet. „Weg der Wildnis“ bietet an unterschiedlichen Orten für verschiedene Zielgruppen Programme zur Naturerfahrung und -verbindung - wie Weiterbildungen, Seminare oder Camps - an; einiges davon auch Online. Dabei geht es inhaltlich unter anderem um Themen wie Pflanzenwissen, Fährtenkunde, Kreisbewusstsein, Handwerkstechniken oder Vogelsprache. Die „Jahresausbildung Wildnispädagogik“ richtet sich an Multiplikator*innen, insbesondere an Menschen, die an Schulen arbeiten und eignet sich ebenso für alle, die ohne pädagogischen Hintergrund intensiv eintauchen wollen. Wir haben mit Jürgen Klühr über die Auszeichnung und ihren BNE-Weg gesprochen.

Jürgen, 2022 seid ihr für eure Jahresausbildung Wildnispädagogik mit dem BNE-Zertifikat ausgezeichnet worden. Was hat euch dazu bewogen, in diesen Prozess zu gehen und welche Erfahrungen und Erkenntnisse gab es?

Uns ist wichtig, dass es an Orten, an denen Kinder und Jugendliche viel Zeit verbringen, Menschen gibt, die selbst diese Begeisterung für die Natur, fürs Draußen-Sein, dieses tiefe Gefühl von Naturverbindung spüren und leben. Und uns ist wichtig, dass diese Menschen Fähigkeiten und Fertigkeiten an die Hand bekommen, um diese Liebe und Verbundenheit weiterzugeben. Da wir viel Erfahrung hinsichtlich der Umsetzung von Wildnispädagogik in pädagogischen Einrichtungen, wie Kitas oder Schulen, mitbringen, lag es auf der Hand, eigene Formate zu entwickeln, um diese Erfahrung an andere Leute weiterzugeben. In unserer Jahresausbildung Wildnispädagogik für die Arbeit an Schulen, für die wir mit dem BNE-Zertifikat ausgezeichnet wurden und in weiteren Formaten, wie beispielsweise in der Seminarreihe Die Kraft des Spiels, geben wir diesen Erfahrungsschatz weiter - nicht nur an Pädagog*innen, sondern an alle, die wieder in Verbindung gehen und eine intensive Zeit draußen verbringen wollen.

In den Prozess der BNE-Zertifizierung sind wir eingestiegen, da wir die Teilnehmenden unserer Ausbildung und unserer Kurse zusätzlich dabei unterstützen wollen, die Dinge vor Ort umzusetzen. Wir erhoffen uns, dass wir ihnen mit dem Wissen um die SDGs und um BNE helfen können, ihre Schul- oder Kitaleitung vom Wert wildnispädagogischer Angebote zu überzeugen, so dass sie, vom Träger unterstützt, Draußen-Zeit in ihrer Einrichtung etablieren können. Des Weiteren erhoffen wir uns, dass Wildnispädagogik in der Außenwahrnehmung durch ein solches Zertifikat mehr und mehr als wertvoller Beitrag zur Umweltbildung und zu BNE wahrgenommen wird.

Welche Methoden guter BNE setzt ihr darin um? Und: Was trägt eure wildnispädagogische Arbeit eurer Meinung nach zu BNE und der Erreichung der SDGs bei?

Hinsichtlich der Methodik sind unsere Angebote ganz klar handlungsorientiert-aktivierend, da wir gemeinsam draußen im Tun lernen, die Teilnehmenden aktiv beteiligt sind und wir gemeinsam ums Feuer das Erlebte reflektieren und so vertiefen. Zudem ist besonders die Jahresausbildung so konzipiert, dass die Teilnehmenden eine umfassende Unterstützung über das Jahr und darüber hinaus erfahren - vorbereitend, begleitend und weiterführend.

Wir betreiben beispielsweise ein eigenes soziales Netzwerk auf der Basis von open source, in dem die Teilnehmenden jedes Durchgangs der Jahresausbildung einen eigenen privaten Bereich haben, in dem sie alle wichtigen Informationen zur Ausbildung finden, sich untereinander austauschen und unterstützen können und von uns Mentor*innen begleitet werden. Darüber hinaus treffen sich die Teilnehmenden zwischen den Modulen jeweils einmal entweder über Video im Netzwerk oder draußen vor Ort, um sich bezüglich der Vertiefungsübungen zu inspirieren und zu unterstützen, sowie eigene Projekte zu planen und vorzubereiten. Wir empfinden unsere Angebote somit als passend und fundiert.

Bezogen auf die SDGs ist es so, dass wir SDG 15 – Leben an Land als Ausgangspunkt sehen, von wo aus weitere SDGs greifbar und erlebbar werden. Eine ausführliche Beschreibung dazu findet sich hier. Grundsätzlich steht im Mittelpunkt unseres Tuns die tiefe Verbindung zur Natur, zu uns selbst und zur Gemeinschaft. Diese Herzensverbindung stellt für uns die Basis, die elementare Grundlage dar, von der aus nachhaltiges Handeln und Wirken im Alltag mehr und mehr zu einem persönlichen Anliegen wird.

Die Teilnehmenden machen im Rahmen eurer Ausbildung eine Vielzahl sehr intensiver Erfahrungen. Hat dies eurer Meinung nach auch langfristige Auswirkungen auf die Teilnehmenden und ihren Lebensstil? In welchen Bereichen?

Ja, definitiv. Wir erleben oft, dass in der Zeit, die wir gemeinsam draußen sind, viele Türen aufgehen für die Teilnehmenden und diese gehen dann glücklicherweise nicht mehr so einfach zu. Das bedeutet konkret, dass die Wahrnehmung sich verändert, dass da auf einmal ein intensives Gefühl von tiefer Verbundenheit da ist zu all den anderen Leuten, wie wir Tiere, Pflanzen, die Elemente, alles Lebendige nennen, und dass dadurch eigene innere Prozesse angeregt werden. Viele Teilnehmende verbringen anschließend wesentlich mehr Zeit in der Natur und durch das einfache Leben im Camp wird einigen klar, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein. Diese Erfahrung kann dazu führen, den eigenen Lebensstil zu überdenken, das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und Dinge nachhaltig zu verändern. Des Öfteren wird auch die Arbeit gewechselt, da der Wunsch entsteht, etwas Sinnhaftes zu tun und aktiv zu werden.

Ihr habt unter anderem einen Podcast und einige Online-Kursen. Wie seht ihr die Möglichkeiten und Grenzen digitalen Lernens in eurem Bereich?

Für uns sind die Online-Kurse eine wertvolle Ergänzung zu unseren klassischen Draußen-Kursen. Dabei ist wichtig zu wissen, dass wir über die Online-Formate sehr gezielt anregen, Zeit draußen zu verbringen und die Zeit am Rechner, am Handy überschaubar kurz ist. Inspiration und Reflexion finden online statt, das intensive Lernen und Erfahren draußen. Unsere Erfahrung zeigt, dass es wunderbar funktioniert, wie auch folgende Zitate zeigen: Eine Teilnehmerin des Online-Kurses Die Kraft des Kreises spricht beispielsweise von "... einer guten Mischung aus Nähe, Distanz, Gemeinschaft und Übungen für mich allein - eine rundum runde Sache!" Und eine weitere stellt fest: "Noch nie hat mich ein Online-Seminar so sehr berührt. Ich nehme viel neues Wissen UND persönliches Wachstum mit. Vielen Dank!" Und zum Kurs Wildnispädagogik und Naturfotografie schreibt ein Teilnehmender unter anderem folgendes: "Unglaublich inspirierend, sehr praxisorientiert, super verständlich - unbedingt empfehlenswert."

Dann gibt es noch unseren Podcast Geschichten aus der Naturschule in dem wir von kleinen und großen Abenteuern, von Überraschungen und Momenten der Verbindung in der Schule und im Wald berichten und so einen Eindruck davon geben, was alles möglich ist, wenn Wildnispädagogik und Naturverbindung Teil des Schulalltags sind beziehungsweise werden. Darüber hinaus betreiben wir, wie bereits oben erwähnt, ein eigenes soziales Netzwerk, in dem sich Menschen, die sich für Naturverbindung interessieren, treffen und austauschen können. Wir teilen Lieder, schicken Dank raus, erzählen uns von Naturbeobachtungen, lösen gemeinsam Rätsel bezogen auf Spuren und Zeichen der Tiere und führen so digital weiter, was wir in unseren Kursen draußen gemeinsam erleben und wie wir zusammenkommen. Wer sich davon angesprochen fühlt, kann uns gerne schreiben unter communitywegderwildnisde.

Was plant ihr zukünftig, um euch im Bereich eurer BNE-Arbeit weiterzuentwickeln?

Wir stecken gerade viel Arbeit in die Akquise von Fördermitteln, damit wir beispielsweise unser neues Angebot Wilde Familienzeit so anbieten können, dass es auch für Familien mit geringerem Einkommen bezahlbar bleibt und wir trotzdem unser Team angemessen vergüten können. Dies gilt auch für die „Weg der Wildnis Feriencamps“, die ebenfalls in 2023 starten, einmal in den Sommerferien, einmal im Herbst. Des Weiteren sind wir dabei, unsere Wildnistage für Schulklassen weiter auszubauen. Gerade ist ein umfangreiches Projekt mit drei Berliner Schulen, die an insgesamt 80 Tagen mit uns draußen unterwegs waren, zu Ende gegangen. Gefördert wurde das Projekt vom Berliner Senat, und wir arbeiten daran, ein solches Projekt auch in Zukunft wieder anbieten zu können. Ein kleiner Erfahrungsbericht findet sich hier. Dann wird es neue Formate geben, die noch im Entstehen sind, beispielsweise eine Pflanzen-Weiterbildung über drei Wochenenden im Jahreskreis, das Format „In Beziehung“, in dem es um Empathie und Beziehungskompetenz in der Arbeit mit Gruppen gehen wird, und wir gehen so langsam in die Planung für eine Weiterführung unserer Jahresausbildung aufbauend auf das erste Jahr. Wer hier informiert bleiben möchte, kann sich auf unserer Internetseite ganz unten für den Newsletter eintragen.

Welchen Tipp habt ihr für Akteur*innen, die noch am Anfang stehen?

Folgt eurem Herzen. Wege entstehen, indem wir sie gehen.

Vielen Dank für das Interview!

Kontakt: infowegderwildnisde
Website:  https://www.wegderwildnis.de/

Fotos: Wildnischule Weg der Wildnis